Die gewerbliche Wirtschaft in Sachsen-Anhalt wird über alle Branchen und Betriebsgrößen hinweg 2018 geschlossen für ihre politischen Interessen gegenüber Politik und Gesellschaft eintreten. Dies kündigten Carola Schaar, IHK-Präsidentin, und Thomas Keindorf, Präsident der Handwerkskammer Halle (Saale), auf dem ersten gemeinsamen Neujahrsempfang beider Organisationen an. Ein Schwerpunkt der kommenden Monate wird eine Reformagenda für die berufliche Bildung sein, um den Nachwuchsmangel der Betriebe wirksam bekämpfen zu können.
IHK und Handwerkskammer stehen für insgesamt rund 70.000 Unternehmen im südlichen Sachsen-Anhalt
mit zusammen mehr als 350.000 Beschäftigten ein: heimische Handwerker ebenso wie die Firmen aus Industrie, Handel, Baugewerbe, Verkehrs- und Dienstleistungswirtschaft. IHK-Präsidentin Schaar betonte: „Wir senden heute ein deutliches Signal: Wenn es um die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes geht, handeln wir ebenso entschlossen wie geschlossen.“ Handwerkskammerpräsident Keindorf, der auch CDU-Landtagsabgeordneter ist, ergänzte: „Deshalb werden wir unsere gemeinsamen Anliegen in den kommenden Monaten mit vereinten Kräften voranbringen und mit einer Stimme sprechen – und zwar mit einer starken Stimme!“
Schaar kündigte für das Frühjahr eine kritische Bestandsaufnahme der dualen Berufsausbildung in Sachsen-Anhalt an: „Wir Kammern werden mit dieser Analyse aufzeigen, wo genau es wie hakt und warum – dann werden wir mit der Landesregierung über konkrete Lösungsansätze sprechen.“ Keindorf erneuerte seine Forderung nach einer zentralen Koordinierungsstelle im Land, die für beste Rahmenbedingungen in der Berufsbildung sorgen solle: „Wir brauchen mehr Orientierung für die Berufsorientierung, das heißt: gebündelte Kompetenzen statt zersplitterter Zuständigkeiten!“
Schaar und Keindorf hoben außerdem hervor, dass in der sachsen-anhaltischen Wirtschaft nicht nur qualifizierte Fach- und Arbeitskräfte fehlten, sondern auch die Zahl der Betriebe schrumpfe: Gegenwärtig stehen den jährlich etwa 6.000 Neugründungen in der Region knapp 7.000 Gewerbeabmeldungen entgegen. Viele Eigentümer hätten Probleme, einen geeigneten Nachfolger zu finden. Unternehmermangel aber bedeute weniger Arbeitsplätze ebenso wie geringere Wertschöpfung – und dies bedrohe das Gemeinwohl, erklärte die IHK-Präsidentin. „Wir brauchen jetzt nicht nur mehr Aufklärung über den Unternehmerberuf, sondern vor allem eine wachsende Wertschätzung.“ Firmenchefs würden deshalb in den kommenden Monaten verstärkt in die Schulen gehen und selbstbewusst für ihren Beruf werben. Schaar und Keindorf forderten die Landesregierung außerdem auf, das Thema unternehmerische Verantwortung dauerhaft in die Lehrpläne aufzunehmen.
Als gelungenes Beispiel, wie die Politik den unternehmerischen Nachwuchs im Land zielgerichtet unterstützen könne, nannte der Handwerkskammerpräsident die im vergangenen Jahr im Landtag beschlossene Einführung der Meistergründungsprämie: „Hier wurde ein wirksames Wirtschaftsförderinstrument geschaffen.“
Übereinstimmend machten Schaar und Keindorf deutlich, dass der Schulterschluss der gewerblichen Wirtschaft nicht auf den Süden Sachsen-Anhalts beschränkt bleiben solle: „Wenn die vier gewerblichen Kammern zusammenstehen und gemeinsam handeln, können wir die Wirtschaft unseres Landes entscheidend weiterbringen – und das wird letztlich allen
Bürgern nutzen.“