Der Anblick von Böhmischen Knödeln auf der Speisekarte weckt den Appetit der Reisegesellschaft auf ihrem Weg nach Magdeburg. Spätestens seit dem 6. Oktober 9.00 Uhr fiebern die 28 Hallenserinnen und Hallenser dem Tag mit großen Erwartungen entgegen. Die Gelegenheit ist günstig, dem Landtagsabgeordneten Thomas Keindorf bei seiner Arbeit in Magdeburg unter der Woche in die Karten zu schauen.
Im Bus herrscht gespannte Vorfreude, als plötzlich ein Sandsturm die Sicht auf die Domstadt versperrt. „Mann ist das aufregend. Ich bestelle vor Schreck gleich Möhrensuppe“, witzelt Andreas Neumann über das bizarre Naturschauspiel auf dem Weg zum Wasserstraßenkreuz Magdeburg. Überpünktlich leuchten strahlende Augen von der Aussichtsplattform auf das Schiffshebewerk Rothensee und beobachten den Kampf eines kleinen Bootes mit den Sturmböen bei der Einfahrt in die Sparschleuse. Schnell noch ein Foto, bevor der quirlige Busfahrer Heiko Schatz den eingestaubten Helikopter-Landeplatz von Bundeskanzler a.D., Gerhard Schröder, wenige Meter neben dem Herzstück des Wasserstraßenkreuzes zielsicher ansteuert. Der gewaltige Arm der Trogbrücke, der unzählige Kubikmeter Wasser und Tonnen an Fracht vom Mittellandkanal über die Elbe in den Elbe-Havel-Kanal vorsichtig manövriert, lässt die Hallenser für einen kurzen Augenblick mit Natur und Technik verschmelzen.
Auf der Fahrt in die „Wenzel Prager Bierstuben“ blickt man in viele nachdenkliche aber auch hungrige Gesichter. Nebeneinander aufgereiht verführen Böhmische Knödel und Spätzle die Ausgehungerten zu einem unvergesslichen Geschmackserlebnis. Die Paprikasoße der Hähnchenbrust ist einfach lecker. Viel Zeit zum Essen bleibt allerdings nicht, schließlich wartet der Landtag zwei Blöcke entfernt hinter dem Hundertwasserhaus auf seine Gäste.
Es ist 14 Uhr. Hastig wedeln zwei Pförtner in der Eingangshalle im Landtag mit einem grauen Kasten in der Hand zwischen den gefüllten Mägen umher und ertasten jeden noch so hinterlistigen Gegenstand. Doch das Glück ist auf der Seite der Hallenser. Bis auf ein rostiges Brotmesser dürfen alle passieren.
Die Sonne meint es gut als sich Volk und Volksvertreter in einem Raum neben dem Plenarsaal auf gleicher Augenhöhe begegnen. Aufmerksam verfolgen die Hallenser das Plädoyer des optimistisch und ehrgeizig wirkenden Bezirksschornsteinfegermeisters für ein starkes Engagement im Bereich der Bildungs- und Wirtschaftspolitik bevor sie ihn mit unzähligen Fragen, die sich aus dem Alltag ergeben, geradezu löchern. Die Hallenser wollen Antworten und sie bekommen sie. Geduldig werden die Themen Schule, Berufliche Bildung, KiföG, A 143, Silberhöhe, Justiz, Grundwasser und Saale diskutiert. Jede Meinung ist gefragt. Schon bald zeichnet sich ab, die Zeit wird nicht ausreichen, um alle Themen intensiv zu besprechen. Der Tagesablauf eines Abgeordneten ist eng gestrickt, erfahren die Besucher aus der Saalestadt. Doch Keindorf sieht das gelassen, „schließlich stehe ich in der Verantwortung und möchte etwas bewegen.“
Nach einem kurzen Rundgang durch das Gebäude begleitet die sympathische Gästebetreuerin die neugierige Truppe auf die Besuchertribüne. Der Finanzminister hat das Wort. Doch so sehr sich Jung und Alt auch anstrengen, der Mann bleibt schwer verständlich. Eine in die Jahre gekommene Lautsprecheranlage entpuppt sich als unüberwindbare Barriere. Vor dem Minister tuscheln, lauschen, klatschen, googeln, lesen, twittern, naschen und gestikulieren die Abgeordneten. Thomas Keindorf hört aus der vierten Reihe zu.
Zum Abschluss der informativen und spannenden Reise in die Landeshauptstadt plaudern und lachen die Besucher für heute ein letztes Mal mit ihrem Abgeordneten bei frisch duftendem Kaffee und Kirsch-Kuchen in der Kantine des Landtages. Die Atmosphäre ist entspannt. Berührungsängste gibt es nicht. Ohne zu zögern werden die am frühen Nachmittag begonnenen Gespräche fortgesetzt. Noch bevor der Tag sich dem Ende neigt blicken alle gemeinsam auf der Fraktionsseite des Hauses vor der Glastür zum Plenum nach Osten in die Zukunft und rufen: Cheese!
Es wird langsam dunkel, als der Bus die Haltestelle in Halle-Ammendorf erreicht. Der Tag war ganz schön anstrengend aber es hat sich gelohnt. Denn eines ist klar: Es gibt viel zu erzählen und es wird nicht die letzte Fahrt nach Magdeburg sein.