Zu den Altlasten und Spätfolgen der Orgacid GmbH in Halle – Produktionsstätte des chemischen Kampfstoffes Lost (Senfgas) während der Zeit der NS-Diktatur – kann die Landesregierung vereinzelt Auskunft geben. Das geht aus der Antwort des Landes-Umweltministeriums auf eine Kleine Anfrage des CDU-Landtagsabgeordneten Thomas Keindorf hervor. Grundsätzlich wird nur bei direktem Kontakt mit kontaminierten Gebäuderesten im Untergrund eine Gefährdung gesehen. Dagegen bleiben viele Fragen der Bürger vor Ort unbeantwortet. „Liegt aktuell eine Belastung des Grundwassers und Beeinträchtigung der Brunnenwasserqualität auf Privatgrundstücken in der Umgebung vor? Welche Spätfolgen sind aufgrund von Materialermüdung denkbar?“, fasst Keindorf die Fragen von Anwohnern zusammen und sucht nach Antworten, etwa im Landesarchiv.
Nach Sichtung der dortigen Unterlagen und der Antwort des Umweltministeriums ist klar, dass in den 1990er Jahren Untersuchungen zu unterirdischen Bauwerken durchgeführt wurden, jedoch nur auf Teilen des Geländes. Gutachten aus der Zeit legen dar, dass der Untergrund des Orgacid-Geländes mit Zersetzungsprodukten von Lost, giftigen Schwermetallen, Blei und anderen chemischen Substanzen belastet ist. In einem Fall werden Spuren von Schwefel-Lost in Bauteilen nachgewiesen. Messungen kommen zu dem Ergebnis, dass die Konservierung von Kampfmittelstoffen in Gebäudefundamenten nicht ausgeschlossen werden kann. Zu der Frage, inwieweit sich unter den ermittelten Substanzen Arsen befindet, existieren widersprüchliche Angaben in den Akten.
In gemeinsamer Verantwortung der Stadt Halle und dem Land wurden nach der Erkundung in den 1990er Jahren Aufschüttungen aus den 1960er Jahren auf einem Teil des Geländes vervollständigt und zusätzliche Aufschüttungen veranlasst. Mit der Versiegelung eines Teils der Fläche verbunden war auch die Annahme, dass durch chemische Prozesse mögliche Lost-Rückstände mit der Zeit neutralisiert und unwirksam werden. Über Mess-Kontrollen und aktive Maßnahmen zur Dekontamination nach der Versiegelung macht das Umweltministerium keine Angaben. Augenscheinlich erfolgt die Grundwassersanierung auf einem Teil des Geländes. „Es wäre wünschenswert, dass die Verantwortlichen in Stadt und Land zumindest Klarheit über die aktuelle Qualität des Grundwassers schaffen“, so Keindorf abschließend.